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Tanzen auf dem Seil - Gedanken zu Balance und Gleichgewicht

Du erfährst in diesem Blog:

- wie deine Hand dich über das Gleichgewicht informiert

- was Reiter und Seiltänzer gemeinsam haben

- was Pferd und Motorrad verbindet

- dass auch der Reiter seine Balancierstangen hat

 

Deine Hand ist wie ein Sensor, der dir Informationen über das Gleichgewicht deines Pferdes liefert.

 

Wie funktioniert dieser Sensor:

Reite auf einem Reitplatz oder im Gelände geradeaus.

Du hast die Zügel aufgenommen und weichen Kontakt zu den Maulwinkeln deines Pferdes. Nun beobachte, welcher deiner beiden Ringfinger mehr Druck, Zug oder Festigkeit erhält.

Ist es dein linker Ringfinger, weist dich dies auf ein Übergewicht in der linken Schulter deines Pferdes hin, ist es der rechte, ist dieses Übergewicht in seiner rechten Schulter. Das heisst: Dein Pferd befindet sich in seiner Vorhand nicht im Gleichgewicht, ist nicht ausbalanciert, und somit auch nicht geradegerichtet!

Anmerkung:

Häufigste Ursache dafür ist die natürliche oder die angerittene Schiefe.

Darum sind theoretische und praktische Kenntnisse im Geraderichten von Bedeutung! Lies dazu den Blog: "Wege zum Geraderichten".

So wie die Hand Ungleichgewicht erkennen kann, kann sie zusammen mit Sitzzentrum und Bein verloren gegangenes Gleichgewicht auch wieder herstellen, ganz ähnlich wie ein Hochseiltänzer mit seiner Balancierstange.

Die Kunst des Hochseilakrobaten ist das Balancieren, und Balancieren hat mit Kontrolle des Schwerpunktes zu tun. Kann der Akrobat seinen Schwerpunkt genau über dem Seil halten, ist er im perfekten Gleichgewicht. Dies sind für ihn die „goldenen Momente“. Dabei leistet ihm die Balancierstange gute Dienste und je nach Höhe des Seils sogar überlebenswichtige.

 

Reiten ist in seiner Essenz auch ein Balanceakt!

 

Die Spur, auf der ein Pferd geht, ist im Verhältnis zu seiner Masse und Höhe sehr schmal. Wenn du von vorne schaust, ähnelt es mehr einem Motorrad als einem Auto.

Balance ist für einen Motorradfahrer viel bedeutender als für einen Autofahrer.

Ein Reiter im Sattel muss sich also eher wie ein Motorradfahrer verhalten, besonders in den Kurven.

Kehren wir noch einmal zum Bild des Hochseiltänzers zurück:

Anders als er hat der Reiter mehrere Balancemöglichkeiten zur Verfügung.

Betrachten wir uns 4 davon:

Die Sitzbeinhöcker

Je nachdem welcher der beiden Sitzbeinhöcker angehoben wird, "erhält" der andere mehr Gewicht.

Die Zügel

Die Schulter, zu der man die Vorhand mit Hilfe des Zügeltrichters führt,

erhält mehr Gewicht.

Das Gebiss

Hebt man auf der einen Seite das Gebiss im Mundwinkel des Pferde leicht an, fliesst Gewicht in die gegenüberliegende Schulter.

Die Fussballen

Gibt man mit dem Fussballen des einen grossen Zeh einen leichten Druck in den Bügel, fliesst zu dieser Seite mehr Gewicht.

 

Der Schlüssel zu Leichtigkeit beim Reiten, ist das Gleichgewicht.

Um Gleichgewicht herzustellen und aufrechtzuerhalten, findet ein permanentes Umverteilen, Ausgleichen und Harmonisieren

von Kräften statt.

 

Durch das Praktizieren und Erforschen der verschiedenen Balancemöglich-keiten erlangst du mit der Zeit eine Fertigkeit im Sattel, die der eines Seiltänzers oder guten Motorradfahrers gleichkommt.

 

Weshalb liegt mir dieses Thema so am Herzen . . . ?

Weil der Grad der Losgelassenheit des Pferdes in direktem Verhältnis zum Grad des gemeinsamen Gleichgewichtes steht. Erst im absoluten Gleichgewicht kann ein Pferd seine Kräfte zu 100 Prozent in den Dienst der Reiterin oder des Reiters stellen und dabei zufrieden sein.

 

Dies zu erleben sind meine „goldenen Momente“. Sie sind rar, doch genau sie sind es, die mich fast jeden Tag mit neuer Begeisterung und Vorfreude in den Sattel steigen lassen. Es ist wie eine Reise, auf die ich mich jeden Tag aufs Neue begebe, ohne zu wissen, wie weit und wohin ich an diesem Tag kommen werde.


Weiteres zu diesem Thema findest du hier:


- Wege zum Geraderichten (Artikel Passion 4/2018)

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