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HALTUNG oder SITZ? - das ist hier die Frage


Warum ist die Ausbildung des Sitzes genauso wichtig wie die Ausbildung des Pferdes?

  • Weil stetige Verbesserung des Sitzes, zu stehtiger Weiterentwicklung des Pferdes führt.
  • Weil der Sitz das Kommunikationszentrum des Reiters ist.
  • Weil die Kommunikationsqualität des Reiters, sich im Verhalten des Pferdes widerspiegeln.
  • Weil sich das Pferd nur in dem Maß entwickeln kann, wie sein Reiter es vermag.
  • Weil das Pferd als lebendiges Kunstwerk, den Reiter als Künstler widerspiegelt.

 

 

DER GUTE SITZ


Der Sitz ist das zentrale Kommunikationsinstrument, mit dem sich der Reiter auf der physischen Ebene mit dem Pferd verständigt. Die Signale, die er dabei aussendet, sind seine Sprache. Je präziser dieses Instrument eingesetzt wird, desto verständlicher sind die Signale für das Pferd.


GUT ZU WISSEN: 

Ich spreche hier bewusst von der physischen Ebene, da es auch noch die mentale, emotionale und energetische Ebenen gibt, über die wir mit dem Pferd kommunizieren und Informationen von ihm empfangen können.

 

Gleichzeitig empfängt der Reiter über seinen Sitz auch Signale und Informationen vom Pferd. So kann er Losgelassenheit, Durchlässigkeit und Vertrauen erkennen, aber auch Unsicherheit, Überforderung und Stress des Pferdes. Der Sitz ist daher Sender und Empfänger zugleich – Sprecher und Zuhörer.

 


 

DIE MERKMALE EINES GUTEN SITZES
 
Unabhängig vom Körperbau eines Menschen hat ein guter Sitz folgende Merkmale:

 

  • Er ist aufrecht, geschmeidig und im Gleichgewicht und strahlt Ruhe und Gelassenheit aus.

  • Er ist dynamisch, durchlässig und in seinem Kern positiv aufgespannt.

  • Er ist ausschließlich auf den beiden Sitzbeinhöckern balanciert.

  • Er folgt der Bewegung des Pferdes und bleibt mit ihr verbunden.

  • Er führt, reguliert und formt das Pferd durch freundliche, feine und

    präzise Signale und Hilfen.

 

 

 

DAS ROHMATERIAL - Die gute Haltung

 
Die Grundlage eines guten Sitzes ist eine gute Körperhaltung.
Wer im Alltag eine aufrechte und gesunde Haltung pflegt, wird diese auch im Sattel beibehalten.

Eine gute Haltung entsteht durch innere Aufrichtung und eine gewisse „positive Aufspannungskraft“. Ein guter Sitz ist also nichts anderes als eine gute Haltung im Sitzen.

 


WELCHEN NUTZEN BRINGT UNS DIE POSITIVE AUFSPANNUNG?

 

Eine gute Haltung bildet nicht nur das Fundament eines guten Reitersitzes, sondern ist auch essenziell für einen leistungsfähigen und gesunden Körper.

Mit Hilfe der positiven Aufspannung:

 
  • bewegt sich der Körper geschmeidiger, leichter und gelenkschonender
  • wird die Wirbelsäule gestreckt und stabilisiert
  • vereinen sich Becken, Rumpf und Kopf zu einer schwingenden Einheit
  • werden Gelenke, Sehnen und Bänder entlastet
  • kann sich die periphere Muskulatur entspannen, weil die stabilisierende Kernmuskulatur übernimmt
  • können Atem und Energie frei fliessen, und wir strahlen von innen heraus

 

Ob beim Klettern, Schwimmen, Tennisspielen, Trampolinspringen, Spazierengehen, Wandern, Joggen oder sogar beim Anstehen an der Kasse – eine gute, positiv aufgespannte Haltung ist in jeder Lebenslage wertvoll.

 
 

ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE
 
Beobachten wir kleine Kinder beim Gehen, wirkt es, als seien sie von einem unsichtbaren Faden aufrecht gehalten und direkt mit dem Himmel verbunden – als ob eine innewohnende Kraft sie aufrichtet und ihnen natürliche Würde verleiht.

 

Diese aufrichtende Kraft, die ich als „Leichtkraft“ bezeichne, lässt uns zwischen Himmel und Erde aufrecht stehen, gehen und reiten. Sie wirkt dem Einfluss der Schwerkraft entgegen und bringt uns ins Schwingen, wie der Bogen die Saiten eines Cellos zum Schwingen bringt.

 



Diese aufrichtende Kraft durchzieht und vernetzt unseren Körper und schafft Raum in ihm. Die Organe finden Platz für ihre Arbeit, die Gelenke werden entlastet, der Körper kann sich entfalten. Unser Gang wird dynamischer und leichter, die Lebensenergie, Blut und Atem können freier fließen, unser Gemüt hellt sich auf - wir sind präsent. Dies ist die Haltung, die unserem ursprünglichen Körperbauplan entspricht.

 


GUT ZU WISSEN: 

Dasselbe geschieht beim Pferd, wenn auch es seine positiv-aufgespannte Haltung einnehmen kann:

Der Körper kann sich vernetzen, es entsteht mehr Raum für die Organe, die Gelenke werden entlastet, der Gang wird dynamischer und leichtfüssiger, Lebensenergie, Blut und Atem können freier fließen, sein Gemüt hellt sich auf – es ist präsent.

 
 
. . . UND DANN?
 
Ein paar Jahre später, vielleicht schon in der Jugendzeit, scheint es, als ob diese Anbindung an den Himmel, diese aufrichtende (Leicht-) Kraft, in Vergessenheit geraten ist, und Präsenz und Strahlen verblasst - die Schwerkraft hat nun leichtes Spiel.
 
Das Becken kippt, die Brust fällt ein, die Schultern runden sich, der Kopf schiebt sich vor und der Blick ist auf den Boden gerichtet, der Gang wird schwunglos und träge.
 
Die Gründe für diese (Körper-) Entwicklung können vielfältig sein. Die Abwesenheit von (Körper-) Bewusstsein, Vorbildern und Lebensfreude sind nur einige davon.
 
 
WIE INNEN SO AUSSEN
 
Die Haltung und Ausstrahlung eines Menschen, der frustriert oder traurig ist, ist eine andere als die eines Menschen, der voller Tatendrang und Freude ist.
Ein Mensch, der verärgert oder wütend ist, hat eine andere Körperhaltung und Ausstrahlung als ein Mensch, der mit sich und der Welt in Frieden ist.
Die Haltung und Ausstrahlung eines Menschen der Angst durchlebt, ist nochmals eine andere als die eines Menschen, der sich sicher und geborgen fühlt.

GUT ZU WISSEN:

Unsere äussere Haltung wird von unserer inneren Haltung beeinflusst - und umgekehrt!
Emotionen und Körper sind untrennbar miteinander verbunden.
 

SO IST ES AUCH BEIM PFERD. . .
 
Ein Pferd, das sich unsicher, missverstanden oder überfordert fühlt, ist körperlich und mental angespannt. Losgelassenheit, Hingabe und Lernen sind in diesem Zustand nicht möglich.
Deshalb ist es bei der Ausbildung eines Pferdes wichtig, dass wir alle seine „4 Körper“ (physisch, mental, emotional, energetisch) im Auge behalten und diese lesen lernen.
 
Auch beim Pferd steht die innere Haltung im direkten Zusammenhang mit seiner äusseren. Ein selbstbewusstes und neugieriges Pferd bringt dies in seiner äusseren Haltung zum Ausdruck. Es richtet sich von innen heraus auf und strahlt.
 
UND DIES KÖNNEN WIR UNS ZUNUTZE MACHEN!
Da Pferde sehr sensibel auf die Ausstrahlung anderer Lebewesen reagieren, haben wir die Möglichkeit, unsere Pferde auf diesem Wege bewusst zu beeinflussen.
 
Eine äussere, wie innere gelassene Haltung unsererseits, verbunden mit einer ruhigen Atmung, wirken entspannend und beruhigend auf das Pferd und stillen sein Sicherheitsbedürfnis.
Eine verkrampfte Körperhaltung, Nervosität und eine hektische Atmung hingegen fördern Verunsicherung und die Fluchtbereitschaft des Pferdes.
 
 
ATMUNG
 
Jede noch so korrekte Körperhaltung, jeder noch so korrekte Reitersitz, ist ohne den belebenden Atem nur eine leere Hülle. Erst durch die (richtige!) Atmung wird der Körper belebt und ist in der Lage zu fühlen und Signale des Pferdes wahrzunehmen.



 
Eine kurze, oberflächliche Atmung regt das Denken an. Wir fallen aus unsere Körpermitte und landen im Kopf. Anspannung, Unruhe und Stress können daraus entstehen.
 
Eine ruhige, tiefgehende und gelassene Atmung bringt dich hingegen in deine Mitte und fördert das Fühlen (Dies ist, zugegebenermassen, nicht immer angenehm, doch immer noch besser als gefühlstaub zu sein . . .). Diese Art zu atmen wirkt entspannend und heilsam auf das gesamte Körpersystem und lässt das Denken zur Ruhe kommen. Wir treffen mehr intuitive und weisere Entscheidungen.
 
 
 MERKMALE DER GUTEN HALTUNG
 
Wie bereits zu Beginn beschrieben hat der gute Sitz folgende Merkmale:
 
  • Zum einen ist er aufrecht, geschmeidig und im Gleichgewicht und strahlt von innen heraus.

  • Zum anderen ist er dynamisch, durchlässig und in seinem Kern positiv aufgespannt.

 
Ebenfalls haben wir gehört, dass der gute Sitz: die gute Haltung im Sitzen ist.
Also gelten für Haltung und Sitz die gleichen Merkmale.
 
 
WAS BRINGT EINE POSITIV-AUFGESPANNTE HALTUNG BEIM REITEN?
 
Meine Liste der positiven Aspekte wäre lang. Im Folgenden die 3 wichtigsten:
 
  1. Durch die höhere Rumpfstabilität, die durch die positive Aufspannung entsteht, kann das Einknicken in der Hüfte deutlich reduziert werden.

  2. Der Einsatz der Sitzbeinhöcker und der unterschiedlichen Gewichtshilfen wird durch die positive Aufspannung deutlich präziser, differenzierter und effektiver.

  3. Das „Führen“ der Pferde aus der Körpermitte heraus, verbessert sich deutlich durch die positive Aufspannungskraft.

 


 

UND WIE GEHT DAS?
 
Falls die Suche nach der positiv aufgespannten Haltung für dich Neuland ist, möchte ich dir hier gerne eine kurze Anleitung geben.
 
"Stelle dich mit deinen Füssen schulterbreit hin.
Werde dir deiner Fersen und der kugelartigen Gelenke der beiden grossen Zehen (Grosszehengrundgelenk) bewusst.
 
Nimm die Kraft deiner Beine wahr und gib in den Knien leicht nach.
Deine Beine tragen dein Becken, und deine Sitzbeinhöcker sind vertikal zur Erde ausgerichtet.
 
Nun stelle dir vor, dass sich in deinem Becken eine Sonne befindet.
Sie ist dein Energiekraftwerk und strahlt aus deiner Körpermitte in alle Richtungen.
 
Stell dir vor, dass ein Sonnenstrahl ganz langsam durch dich, nach oben Richtung Solarplexus aufsteigt.
 
Dort angekommen stellst du fest, dass sich deine unteren 3-4 Rippen leicht geschlossen haben und deine Taille sich etwas gestreckt hat und länger wurde.
 
Du lässt den Strahl weiter aufsteigen bis in die Mitte deines Brustkorbes.
Dabei weitet er sich und es entsteht mehr Raum in ihm.
 
 Lass den Strahl weiter bis auf die Höhe deiner Schlüsselbeine aufsteigen.
Dort angekommen, stellst du dir vor, dass sich diese seitlich verlängern.
Deine Schultern werden breiter, deine Schulterblätter senken sich.
Nun erhält auch dein oberer Brustkorb mehr Raum. Er weitet sich, sodass auch für dein Herz und deine Lungen mehr Raum entsteht.
 
Dein Herz pulsiert freier und leichter und dein Atem fliesst ruhiger und tiefer.
 
Der Strahl steigt weiter auf und lässt dabei deinen Nacken länger werden, während dein Kinn sich leicht deiner Kehle annähert.
So entsteht zwischen deinen Halswirbeln mehr Raum.
 
Der Strahl steigt weiter durch deinen Hinterkopf und tritt am höchsten Punkt deines Schädels, dem Kronenpunkt, aus deinem Kopf heraus und steigt weiter Richtung Himmel.
 
Es ist wie der unsichtbare Faden des Kleinkindes, der es aufrecht in die Welt schreiten lässt oder
wie ein Baum, der mit seinen Wurzeln Halt und Nahrung in der Erde findet, damit er seine Krone ausbreiten und in den Himmel wachsen kann."
 

Nun hast du die besten Voraussetzungen geschaffen, damit deine Lebensenergie frei durch deinen Körper strömen kann, ihn belebt und strahlen lässt. Deine Knochen befinden sich in ihrer ursprünglichen Ordnung. Nun kannst du die äussere Muskulatur loslassen, weil deine aufrechte Haltung aus deinem inneren Kern getragen wird. Du hast dich entfaltet, trägst deine Krone und bist mit dir, dem Himmel und der Erde verbunden - und für die Welt bereit!
 
DER SELBE TEXT KÖNNTE AUCH LAUTEN:
 
Nun hast du die besten Voraussetzungen geschaffen, damit die Lebensenergie deines Pferdes frei durch seinen Körper strömen kann, ihn belebt und strahlen lässt. Seine Knochen befinden sich in ihrer ursprünglichen Ordnung. Es kann die äussere Muskulatur entspannen, weil seine aufrechte Haltung durch seinen inneren Kern getragen wird. Es hat sich entfaltet, trägt seine Krone und ist mit dir, dem Himmel und der Erde verbunden.

 

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